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gerace, italien, kalabrien, lamezia terme, provinz reggio calabria, tropea, vibo valentia
Heute entführe ich Euch weit in den Süden. Ich nehme Euch mit in das Land der Zwiebel, der Bergamotten und der Zitronen.
Ich zeige Euch Kalabrien.
Lasse Euch den Geruch von Kalabriens Meerwasser, gewürzt mit einem Hauch von Fisch, um die Nase wehen. Und vielleicht könnt ihr dann auch den Duft der Blüten und Bitterorangen riechen …
Mein erstes Mal ‘Italien’ erlebte ich Anfang der 90er in Südtirol. Eine Busfahrt über den Brenner nach Bozen und Meran, hin zum Gardasee mit dem hübschen Ort Sirmione und zum krönenden Abschluss ein Tagesausflug nach Venedig.
Diese Fahrt damals lief als Schnäppchen frei nach dem chinesischen Motto ab: auf einem galoppierenden Pferd Blumen betrachten. Aber immer noch besser als nix.
Denn, was war es doch so schön, endlich mehr von der Welt zu sehen. Erst Recht von diesem vielgepriesenem hochgelobten Italien. Diesem Sehnsuchtsland.
Große Sehnsucht des Wiedersehens entwickelte sich bei mir nach diesem Besuch so rein gar nicht.
Ja, die Leute dort waren nett (die italiener frech) und die Gegend war auch schön anzuschauen. Aber das war’s dann auch schon. Es hat mich nicht wirklich fasziniert, um wiederkommen zu wollen. Diese Region zumindest fand ich überteuert und überbewertet.
Venedig war dann die pure Enttäuschung. Diese überlaufene, laute, hektische, absolut überteuerte dreckige Stadt. Dem offensichtlichen Verfall ausgeliefert. Diese Stadt war für mich alles andere als ein Reisetraum. Mir tat sie nur unendlich leid. Sie wirkte so abgeschnitten macht- und hilflos. Wurde überrannt und überschwemmt und wusste sich anscheinend nicht zu helfen. Angewiesen auf Touristen waren genau diese doch gleichzeitig der Grund allen Übels.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube dass sich bis zum heutigen Zeitpunkt daran auch noch nichts geändert hat. Die Prognosen des völligen Untergangs verhärten sich doch eher immer mehr.
Aber nun ist Südtirol nicht ganz Italien. Zum Glück aber auch. Und doch gibt es auch wieder an Kalabrien was zu meckern. ABER: das ist wirklich das Einzige! Leider nur eben auch der erste Eindruck. Nämlich: Kalabrien hat ein Müllproblem! … Moment mal. Das kommt mir jetzt aber bekannt vor. Das habe ich doch schon mal so oder so ähnlich irgendwo gelesen. Hmm, ja, na klar … hier.
Also da ist was dran. Und es ist nicht zu verstehen. Warum wollen Menschen, mit einer so schönen Landschaft vor der Tür, in einem solchen Dreck leben?
Irgendwie, so erkläre ich es mir, hat das was von Betriebsblindheit: ist schon so lange da – kennen wir nicht anders – sehen wir nicht mehr – man gewöhnt sich dran. Schade schade.
Dabei hat Kalabrien so was Ursprüngliches. Etwas natürlich Einfaches. Es ist unaufgeräumt und weitestgehend unbebaut. Da ragt die Vegetation noch bis an die Straße, da erobert sich die Natur ihren Raum zum Leben zurück. Ja, manche nennen das auch liebevoll Pampa. Aber eben genau das sollte sich Kalabrien bewahren. Denn genau das ist es auch was uns seit Jahren an Kroatien fesselt. Dieser urige Dorfcharakter. Diese ungestüme Botanik, gleich neben dem Asphalt. Teils auch schon darüber. Mit ab und zu Häuser auf den wenigen ebenen Flächen. Nur eben den Müll in Kalabrien dazwischen braucht es nicht!
Was ist typisch an Kalabrien? Weite Flächen – steppenähnlich, viele Felder, Oliven-, Orangen-, Mandarinen- und Zitronenplantagen. Große Felsen und Meer. Langgestreckte hohe Küsten, so weit das Auge reicht. Hohe Berge mit dichtem Wald oder lichten Büschen, von Rinderherden bewohnt.
Und Küstenbereiche, die völlig zersiedelt sind, mit kaum erkennbarer Struktur. Temperaturbrüche. Jedenfalls noch als wir jetzt dort waren. Vielleicht gleicht sich das im Sommer etwas aus. Wir, na ja gut, ICH habe ständig die Gefühle wechseln müssen. Hoch oben in den Wäldern und Dörfern fand ich es bei 10 Grad doch recht frostig und klapperte bei jedem Fotostopp so vor mich hin. Wieder unten in Strandnähe wollte ich dann bei 27 Grad (das dorfthermometer zeigte in der sonne 32 grad an) gern alles von mir schmeißen. Darauf sollte man sich mit Zwiebellook also stets gut vorbereiten.
Mit einer Stunde Flug Verspätung sind wir den ersten Abend, bereits in stockdunkler Nacht, von Lamezia Terme die 70 km zum Hotel gefahren und konnten bereits da ahnen über was für Straßenkonstruktionen wir fuhren. Gibt die Fläche nix mehr her – wird nach oben gebaut. Bereits da freuten wir uns auf den Anblick bei Tageslicht.
Noch typisch für Kalabrien sind die hoch gebauten Orte. Kegelartig sind sie Haus an Haus auf den Berg geklebt. Der für uns einzigartigste in dieser Art war Nicotera. Es ging wahnsinnig steil bergauf. Nur der erste Gang war möglich und ich habe mal wieder Blut und Wasser geschwitzt, dass uns bloß keiner entgegenkommt -nicht mal ein Fußgänger. Das wäre eng geworden. Anhalten unmöglich. Parkplätze für Nichtanwohner Mangelware.
In jedem nur etwas größerem Ort herrscht Platzmangel. Meist findet man an den Ortseingängen Parkplätze, die man als Ortsunkundiger auch wirklich gleich nutzen sollte. Später, beim bummeln und betrachten, haben aber eben genau diese engen Gassen ihren Reiz. Ein bisschen Laufen muss also meist sein.
Aber von diesen sehenswerten Ausflugsorten das nächste Mal mehr.
Lasst es Euch gut gehen.