
„Lilith und Eva“ Lilli Hill 2013
Das ist eigenartig.
Damit meine ich wortwörtlich die Gewichtung unserer Figuren. Jede Art der Form ist eben jeder (oder auch jedem) Einzelnen eigen. Ist damit besonders, individuell und naturgewollt.
Es scheint heute unnormal zu sein gern zu essen, vielleicht auch noch regelmäßig und sogar manchmal zuviel, sodass man das Restaurant nur rollend verlassen möchte.
Ist das nicht aber Lebensgenuss und gegönnter Luxus?
Darüber kann ich aber leider nur sehr selten lesen. Nein, der Luxus scheint heute immer noch darin zu bestehen sich grässlich aussehende bunte Turnschuhe zu kaufen und öffentlich zu verkünden jetzt dem inneren Schweinehund das Stöckchen zu werfen und hinterher zu rennen. Jedes Jahr wieder, immer zur gleichen Jahreszeit wie eine Grippewelle, greift es um sich.
Versteht mich bitte richtig. Ich habe um Gottes Willen nichts gegen Bewegung. Und schöne Umgebung und frische Luft dazu – herrlichst.
Doch ich werde den Verdacht nicht los, dass hier der Stein des Anstoßes der verfluchte Herdentrieb ist.
Und dann geht’s, immer mit der Begründung der viel zu vielen angesammelten Pfunde, brachial los. Da sehe ich dann wie fast auf dem Standstreifen einer Autobahn gejoggt wird, und der MP3 Player zur Grundausstattung eines Joggers gehört.
Hallo? Was ist das? Lauffreude, Frischluftaufnahme, Naturgenuss oder industriell eingeimpfte Massenhysterie?
Selbst eine Frauenzeitschrift wollte uns nun endlich zeigen wie normale Frauen aussehen. Halleluja! Was für ein Paukenschlag.
Was zeigten sie? Die 20 jährige Studentin von nebenan, die merkwürdigerweise aber keinerlei Unterschied zu den zuvor gezeigten Modells aufwies. Ja, mit 20 keine so große Kunst. Nur leider fanden sie nach eigener Aussage keine älteren, die bereit waren sich zu zeigen? Die Leserinnen wollten keine „normalen“ Frauen auf dem Titelblatt sehen? Zu unschön, wird nicht verkauft?
Das kann und will ich nicht glauben. Frauen sind vielseitiger zu zeigen, als mit den ständig gleichen Figuren und Posen. Das kann doch nicht Alles gewesen sein.
Nun ist man gleich wieder zu den Modells zurückgekehrt. Auch da ist der Zeitschrift kein Unterschied anzusehen. Wie aus der Retorte. Ich nehme diese Gesichter gar nicht mehr wahr. Zu uninteressant. Kein Makel, wenig Ausdruck, nichts eigenes markantes, was im Gedächtnis haftenbliebe.
Nun wundere ich mich andererseits darüber, dass immer mehr foodblogs diesem Raster konträr entgegenstehen. Wie passt das zusammen? Ist das endlich die Konterrevolution? Verbrachten sie lange Zeit eingeschüchtert im Untergrund oder wachsen sie langsam nach, die Essensgenießer- und Lustschlemmerinnen? (und es geht mir hier nicht um Masse, sondern Klasse) Trauen sie sich endlich hervor, die Frauen, die nicht wissen wieviel Kalorien ihr gerade verputztes Mahl hat, und erklären das Motto „Schmecken muss es!“ als chic?
Gibt’s die doch noch? Ich bin begeistert über jede, die ich entdecke.
Liebe Frauenzeitschrift mit dem B, hier ein Vorschlag für Eure Titelseite. Ein Bild von Lilli Hill.
Können diese Frauen nicht glaubhaft vermitteln, Spaß am Leben zu haben?
Ich habe noch kein lächelndes oder lustvoll blickendes Gesicht einer diätsuppenessender Frau oder einer schwitzenden Joggerin gesehen. Die Joggerinnen gibt es vielleicht, aber in so verschwindend geringer Zahl, dass diese zu vernachlässigen sind. Außerdem müßte man deren Geist auf Normalzustand prüfen.
Lillis Bilder sind außergewöhnlich ungewöhnlich und ungewöhnlich mutig. Dergleichen habe ich sonst noch nicht entdeckt. Und ich finde vor allem, es braucht mehr solcher Frauen wie Lilli Hill. Frech und provakativ, so soll es sein.
Danke Lilli für Deine Kunst.
Also, Mädels, lasst Euch nix erzählen. Mit der Schneeschmelze muss nicht immer gleich naturgemäß eine angeblich notwendige Diät einhergehen. Und wer nicht schon rund ums Jahr Spaß an Sport und Jogging hat, muss ihn jetzt auch nicht automatisch auf der to do Liste auf Platz 1 stehen haben. Locker wird man nicht allein in den Muskeln, sondern auch im Kopf.
So, war das mal viiiiel Text heute. Musste aber auch mal gesagt werden, verdammte Hacke.
Macht Euch ein schönes Wochenende, ich bestelle Euch dazu viel Sonnenschein.
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